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Scharfe Kritik an Plänen zur Vorratsdatenspeicherung

Branchenverbände, Datenschützer, Bürgerrechtler und Oppositionspolitiker haben heftige Kritik an dem Beschluss der Bundesregierung geübt, die umstrittene EU-Richtlinie zur Telekommunikationsüberwachung umzusetzen. Kernpunkt ist die "Vorratsdatenspeicherung" von Telefon- und Internetdaten. Sie verpflichtet die Telekommunikationsanbieter dazu, sämtliche Verkehrsdaten der Kommunikation aller Bürger per Festnetz, Mobiltelefon, Internet, E-Mail oder SMS verdachtsunabhängig für sechs Monate zu speichern. "heise online" hat sie zusammengefasst:

Wirtschafts- und Branchenverbände lehnen das Vorhaben als undurchdacht ab und fürchten vor allem die hohen Kosten, die der benötigte Speicherplatz und die Verwaltung der Daten verursachen werden. eco-Vorstandsmitglied Oliver Süme kritisierte zudem, die betroffenen Unternehmen würden dabei "wider Willen zum Hilfssheriff" und "Büttel des Staats" gemacht.

Der Leiter des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD), Thilo Weichert, erklärte, das Gesetz "uns mit einem Schlag in eine voll überwachte Informationsgesellschaft katapultieren". Für die vage Aussicht, den einen oder anderen Kriminellen zu fangen, würden 100 Prozent der Bevölkerung bei der Nutzung elektronischer Kommunikationsmedien überwacht. Dies sei eindeutig verfassungswidrig.

Auch der Deutsche Fachjournalisten-Verband (DFJV) befürchtet, das geplante Gesetz unterhöhle den Informantenschutz. Wenn staatliche Behörden im selbst definierten Bedarfsfall sämtliche elektronischen Kommunikationsdaten von Journalisten auswerten könnten, sei ein zuverlässiger Schutz nicht mehr zu gewährleisten. Mühsam aufgebaute Informantennetzwerke der "gläsernen Journalisten" könnten zusammenbrechen.

Oppositionspolitiker sehen den Rechtsstaat in Gefahr, Jerzy Montag, rechtspolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag, spricht von einem "Raubbau" an den Bürgerrechten" und einem "bedrohlichen Paradigmenwechsel". Laut FDP-Bundestagsfraktion sei die erhoffte Stärkung von Rechten der Betroffenen ausgeblieben. Auch die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zum Schutz des Kernbereichs der privaten Lebensgestaltung seien nicht berücksichtigt worden.

Die Linke im Bundestag sagt ebenfalls "Nein" zur Vorratsdatenspeicherung. Die Bundesregierung sei nicht glaubwürdig, wenn sie behauptet, nur schwerste Straftaten mit der Vorratsdatenspeicherung verfolgen zu wollen. Schon jetzt seien Forderungen aus der Union laut geworden, "Teenager, die Musik aus dem Internet downloaden, per Vorratsdatenspeicherung zu jagen". Die Linksfraktion im Thüringer Landtag sprach von einem "überzogenen Sicherheitswahn".