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Zwischen Wünschen und Notwendigkeiten: Was die Smartphone-Entwicklung wirklich antreibt
Neue Smartphones werden seit Jahren praktisch im Monatstakt veröffentlicht. Doch stehen hinter einem solchen Tempo tatsächlich echte technische Entwicklungen oder auch andere Gründe?
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Was die Digitalisierung und das Internet anbelangt, ist die nunmehr gut 15 Jahre währende Geschichte des Smartphones definitiv einer der größten Game Changer überhaupt. Unter anderem deshalb, weil die Geräte an zahllosen Stellen völlig neu definierten, wie wir das Internet verwenden.
Eines allerdings ist unübersehbar: Die Modellwechsel geschehen je nach Hersteller sehr rasch. Dahinter stehen verschiedene Gründe, die sowohl aus den Kategorien unternehmerisches Handeln, Kundenwünsche und technische Weiterentwicklung stammen.
1. Die Notwendigkeit, zu verkaufen
Das Smartphone mag ein angesichts seiner Kompaktheit unglaublich leistungsfähiger und vielfältiger Computer sein. Bricht man dieses Gerät jedoch einmal auf eine Basis herunter, dann ist es schlicht und ergreifend ein Handelsgut, nicht anders als Nudeln, Socken oder Lichtschalter.
Damit gilt für die stete Weiterentwicklung eine ganz simple und uralte marktwirtschaftliche Notwendigkeit: Verkaufen.
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Gründe und Ausprägungen der Entwicklung
Ganz einfach gesprochen: Wenn ein beliebiger Hersteller ein Smartphone verkauft hat, dann hat er damit einen Großteil des mit diesem Gerät möglichen Umsatzes gemacht. Natürlich, mitunter lassen sich noch weitere Gelder mit Aftermarket-Support erwirtschaften; etwa mit Ersatzteilen. Prinzipiell endet mit dem Verkauf eines einzelnen Geräts jedoch die Möglichkeit, damit im großen Stil Geld zu machen – Ersatzteile, Handy-Hüllen und dergleichen sind verglichen damit bloß „Peanuts“.
Nun ist ein Smartphone-Hersteller kein gemeinnütziger Verein. Bedeutet, er muss konstante Einnahmen generieren. Idealerweise sogar steigende Einnahmen, weil sich nur so ein Wachstum generieren lässt. Täte er das nicht, würde die Firma zunächst stagnieren und dann nach einer gewissen Zeit einfach vom Markt verschwinden.
Hier besteht jedoch eine Herausforderung:
• Technisch gesehen sind moderne Smartphones – eine gute Ersatzteilversorgung und regelmäßige Software-Updates vorausgesetzt – Geräte, die problemlos für eine vieljährige Nutzung geeignet sind. Je nach Hersteller und Betriebssystem (primär Android versus iOS) sind hier zwischen vier und sechs Jahre realistisch möglich. Das deckt sich fast mit der aktuellen tatsächlichen Nutzungsdauer. Sie beträgt in Westeuropa laut einer 2022 veröffentlichten Studie mittlerweile etwa 40 Monate – also knapp dreieinhalb Jahre.
• Marktwirtschaftlich gesehen müssen die meisten Hersteller jedoch deutlich häufiger neue Geräte unter die Leute bringen. Andernfalls wären die Umsätze zu gering, um einen wirtschaftlich gesunden Betrieb zu ermöglichen.
Salopp formuliert: Eigentlich wäre es das Beste für einen Smartphone-Hersteller, wenn jeder Käufer möglichst bald nach dem Erwerb schon wieder ein neues Gerät kaufen würde.
Praktisch sämtliche Firmen veröffentlichen deshalb in relativ kurzen Intervallen neue Geräte. Primär, um beständig neue Kaufanreize zu erschaffen. Diese werden typischerweise durch technische Verbesserungen und/oder zusätzliche Features generiert.
Apple etwa veröffentlicht fast schon traditionell (zirka) jedes Jahr eine neue iPhone-Generation; andere Hersteller haben gar einen Halbjahres-Turnus. Zwar endet damit nicht der Support für vorherige Geräte, dennoch handelt es sich hierbei stets um einen komplexen wirtschaftlichen Balance-Akt, bei dem mehrere Faktoren vereint werden müssen:
1. Etwas ältere Geräte müssen weiterhin unterstützt werden, um Kunden nicht zu verärgern – und obwohl es sich für den Hersteller kaum rentiert.
2. Der Turnus muss mit einem steigenden Bewusstsein für die beständig wachsenden Elektroschrott-Müllberge in Einklang gebracht werden. Aus nachhaltiger Sicht ist eine vieljährige Nutzung schlicht alternativlos.
3. Neue Modellgenerationen müssen eine messbare Verbesserung bringen, andernfalls entsteht ebenfalls rasch Kritik.
4. Die Modellwechsel müssen dicht genug erfolgen, um ein wirtschaftliches Operieren zu gewährleisten.
Zum ersten von mehreren Malen in diesem Text handelt es sich hierbei um ein klassisches Henne-Ei-Phänomen. Denn die Hersteller müssen für echte Kaufanreize sorgen. Schon häufiger hagelte es hierbei Kritik, etwa durch die Abschaffung des 3,5mm-Klinkensteckers. Viele Menschen sahen dahinter hauptsächlich eine Masche, um neues Zubehör verkaufen zu können.
Auf der anderen Seite gilt jedoch: Unterlägen Hersteller nicht diesem marktwirtschaftlichen Zwang, dann stünde die heutige Leistung von Smartphones (nicht nur in der Oberklasse) definitiv nicht auf diesem Niveau.
2. Immer aufwendigere Spiele und andere Apps
Man kann sich sicherlich darüber streiten, ob die Smartphone-Hersteller durch technische Entwicklungen aufwendigere Softwares ermöglichen oder ob die Software-Hersteller (die ebenfalls jenem marktwirtschaftlichen Prinzip unterliegen) die Handyfabrikanten dazu zwingen.
Fakt ist jedoch: Insbesondere Spiele werden tatsächlich ähnlich schnell immer aufwendiger (und somit leistungshungriger) wie es bei den Geräten der Fall ist.
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Gründe und Ausprägungen der Entwicklung
Gaming ist heute ein altersloses Phänomen. Einen wesentlichen Anteil daran hat die Verbreitung des Smartphones – aus zwei Gründen:
1. Die Besitzerstruktur: In Deutschland gibt es derzeit etwa 62,6 Millionen Smartphone-Besitzer. Das entspricht fast 89 Prozent der Bevölkerung. Und: Fast 33 Prozent davon haben im zurückliegenden Jahr ein neues Gerät erworben. Dadurch gibt es hier eine viel größere Zielgruppe für Videospiele als – beispielsweise – bei Konsolen. Sie bringen es hierzulande auf eine Verbreitung von lediglich 17,8 Millionen Stück.
2. Die Verfügbarkeit: Das Smartphone als typischer „Taschen-Computer“ ermöglicht ein sehr niedrigschwelliges, kurzfristiges Spielen. Denn es ist nicht mehr nötig, als das Gerät zu zücken und loszulegen. Höchstens Handheld-Konsolen können das replizieren. Allerdings mangelt es ihnen an der vielfältigen Nutzbarkeit des Handys.
War Gaming auf dem Smartphone anfangs tatsächlich nur eine „Spielerei“, so hat es sich heute zu einer der stärksten Antriebskräfte für die ganze Gaming-Industrie gewandelt. Nicht zuletzt liegt das daran, weil das Smartphone eine andere Herangehensweise an Spiele ermöglicht.
Nehmen wir Glücksspiele. Hierfür ist das Handy für die meisten Menschen der einzige relevante Zugangspunkt. Einer der größten Hersteller, Greentube, gilt deshalb als wichtiger Trendsetter, weil das Unternehmen sich stark auf sogenannte Slot-Games fokussiert – die digitale Variante des Spielautomaten. Solche Games sind längst ihrerseits technisch und graphisch sehr aufwendig und das Handy ist für sie die ideale „Umgebung“. Allerdings sind sie nicht das einzige Beispiel für das Standing des Smartphones.
So etwa beim Spiele-Studio Wargaming. Der Entwickler von Online-Multiplayer-Erfolgsreihen wie World of Tanks und World of Warships konzipierte schon vor Jahren spezielle Versionen dieser Spiele für Handys – schlicht, weil so viele Kunden gerne mobil spielen wollten.
Zusammengefasst lässt sich sagen: Kaum ein Videospiele-Hersteller kann heute noch das Smartphone ignorieren. Gleichsam müssen deren Hersteller bedenken, dass ein großer Teil ihrer Käufer (auch) Gamer ist – selbst, wenn er nur deshalb dazu wurde, weil das Smartphone ihm einen Erstkontakt ermöglichte.
3. Stark gesteigerter Medienkonsum
Schon seit seinen Anfängen war das Smartphone stets deutlich mehr als nur ein Kommunikationsgerät. Zu den wichtigsten weiteren Anwendungen gehört es bis heute, darauf Medien zu konsumieren. Konkret:
• Audiovisuelle Medien wie etwa Livestreams, Filme und Serien.
• Akustische Medien, beispielsweise Radio, Streaming-Musik und Podcasts.
• Schriftliche Medien, insbesondere eBooks und elektronische Zeitschriften.
Hierin findet sich ebenfalls ein wichtiger Antrieb hinter der Entwicklung von Smartphones.
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Gründe und Ausprägungen der Entwicklung
Primär sprechen wir von mehreren verschiedenen Gründen für die Weiterentwicklung:
1. Mediale Qualität: Sie sorgt unter anderem für die Entwicklung größerer, höher auflösender Displays und die Standardisierung rascherer Bildwiederholfrequenzen.
2. Mediales Volumen: Menschen wollen nicht nur eine größere Vielfalt von Medien auf demselben Gerät genießen, sondern insbesondere die audiovisuellen Medien werden optisch immer anspruchsvoller. Dies treibt die Entwicklung größerer interner Speicher und schnellerer Netzverbindungen – um etwa einen Film in 4k zu streamen, sind mindestens 25 Mbit/s nötig, wo bei regulärem HD 5 Mbit/s genügen.
Es gibt definitiv viele Gründe, warum Smartphones seit den ersten Generationen immer größer wurden. Ein wesentlicher Triebmotor war und ist jedoch, weil viel mehr Menschen darauf „vernünftig“ ein Buch lesen oder einen Film ansehen möchten.
Das erste iPhone beispielsweise hatte eine Bilddiagonale von gerade einmal 3,5 Zoll mit einer Auflösung von 480 x 320 Pixeln. Das aktuelle iPhone 14 Pro Max bringt es dagegen auf 6,7 Zoll mit 2796 x 1290 Pixeln – ist also nicht nur knapp doppelt so groß, sondern um ein Vielfaches schärfer.
Und warum möchten mehr Menschen auf dem Smartphone solche Medien genießen? Primär deshalb, weil sie einen „eins für alles“-Ansatz bevorzugen, statt für unterschiedliche Anwendungen ebenso unterschiedliche Geräte zu besitzen – und mitzunehmen.
Nicht zuletzt muss man hierbei die Entwicklung der Streamingdienste betrachten. Wer beispielsweise nachmittags eine Serie auf dem Fernseher streamt, der möchte damit im Bett oder am nächsten Morgen im Bus selbst auf dem Smartphone ohne größere Abstriche weitermachen können.
4. Höhere Ansprüche an Fotos und Videos
Kamera-Handys gab es schon lange vor dem Smartphone. Das erste Gerät mit digitaler Fotofunktion war das 1999 veröffentlichte und nur in Japan verkaufte Toshiba Camesse – mit gerade einmal 0,1 Megapixeln.
Auch die ersten Smartphones waren noch keine ausgesprochenen Foto- und Videowunder. Doch wie bei anderen Geräten, so sorgten sie ebenfalls für eine Entwicklung: Menschen gewöhnten sich dadurch daran, ständig eine Kamera mitzuführen.
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Gründe und Ausprägungen der Entwicklung
Durch diesen Wunsch war jedoch schnell eines klar: Foto- und Videofunktion an sich genügten keineswegs. Das Smartphone sollte zwar alles können, allerdings idealerweise keine schweren Kompromisslösungen erzwingen.
Die Hersteller mussten deshalb schon früh sehr leistungsfähige optische Systeme und nicht zuletzt die dahintersteckenden digitalen Teile nach vorn bringen. Etwa zu Beginn der 2010er waren Smartphone-Kameras deshalb in der Breite zeitgenössischen Kompaktkameras zumindest ebenbürtig.
Dieser Erfolg sorgte jedoch für eine Art von selbstgemachtem Druck. Denn die Smartphone-Entwicklung hatte die zuvor so beliebten Kompaktkameras nahezu vom Markt verdrängt; sie musste also deren beendete Evolution weiterführen. Gleichzeitig sahen (und sehen) sich die Hersteller jedoch mit einer Herausforderung konfrontiert:
• Einerseits müssen die Kameras mit jeder neuen Smartphone-Generation besser werden, weil das für immer mehr Menschen eines der wichtigsten Kaufkriterien ist;
• andererseits dürfen Smartphones keinesfalls dicker werden. Das kollidiert jedoch mit verschiedenen optisch-physikalischen Prinzipien. Linsen benötigen nun einmal eine bestimmte Mindestbautiefe.
Diese beiden Notwendigkeiten brachten das Smartphone in eine Rolle, in der es geradezu revolutionäre Entwicklungen anschob. Beispielswese, weil es das 1988 ersonnene, aber lange Zeit nur theoretische Prinzip der flüssigen Linse zur Serienreife führte – schlicht, weil kein Bauraum für traditionellere Systeme zur Verfügung stand.
Aus denselben Gründen sind Smartphones ebenso federführend, was die Software- bzw. KI-gestützte Bildverbesserung in sämtlichen Bereichen anbelangt. In Sachen Bildqualität befinden wir uns derzeit an einem Punkt, an dem das Smartphone selbst die verbliebenen Profikameras in Bedrängnis bringen kann.
5. Gesteigerte-Akku-Notwendigkeiten
Leistung benötigt Energie. Mehr Leistung benötigt mehr Energie. Getreu diesem Grundprinzip wird die Smartphone-Entwicklung schon seit ihren Anfängen davon bestimmt, mit einer Akkuladung länger durchzuhalten – und den Stromspeicher möglichst rasch und komfortabel aufladen zu können.
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Gründe und Ausprägungen der Entwicklung
Jedes Jahr befragen verschiedene Studien Menschen, was ihnen bei neuen Handys am wichtigsten sei. „Mehr Akku-Kapazität“ findet sich stets wenigstens in den Top-3 der Antworten, meistens sogar an der Spitze. Tatsächlich handelt es sich hierbei um einen Wunsch mit drei Hintergründen:
1. Generell mehr Laufzeit: Smartphone-Besitzer wollen also insgesamt mehr Nutzungszeit zwischen zwei Aufladungen haben. Das betrifft insbesondere den Vergleich mit früheren und heutigen Feature-Phones – bei denen realistische Standby-Zeiten im Bereich von teils über einer Woche keine Seltenheit waren/sind.
2. Mehr Laufzeit trotz umfassenderer Nutzung: Nicht nur ist die Nutzungsdauer pro Tag recht hoch, sondern sie wird überdies immer umfangreicher. Etwa durch mehr Sensorik oder die Vereinigung von immer mehr Geräten bzw. Funktionen auf dem Handy.
3. Mehr Laufzeit trotz gestiegener Leistung: Insbesondere die schnelleren Prozessoren und größeren Displays benötigen zwingend mehr Akku-Kapazität, wenn die Laufzeit zumindest nicht schrumpfen soll.
Und natürlich soll darüber das Gerät zumindest nicht dicker werden. Das Smartphone ist (nicht zuletzt aufgrund seiner gigantischen weltweiten Verbreitung) schon seit einigen Jahren einer der wichtigsten Triebmotoren hinter der Entwicklung neuer Akkus und Ladetechniken.
Dabei zeigt sich jedoch stets eine Krux: Die ständig wachsende Leistungsfähigkeit jeder neuen Handygeneration „frisst“ vielfach Weiterentwicklungen bei den Energiespeichern teilweise oder sogar ganz auf.
Bedeutet, eine neue Gerätegeneration bringt es trotz technisch deutlich größerem Akku nicht zwangsläufig auf eine merklich längere Laufzeit. Hierdurch erklärt sich auch, warum der Wunsch danach so felsenfest auf den oberen Plätzen rangiert.
Ein wichtiger diesbezüglicher Game Changer ist das derzeitige Aufkommen von Klapp-Smartphones. Denn weil sich diese Geräte für das Verstauen zusammenfalten lassen, gibt es bei ihnen keinen so bedingungslosen Zwang nach geringster Dicke. Gleichsam bieten die Geräte durch das gesteigerte Innenvolumen einfach mehr Raum für den Energiespeicher.
6. Staatliche Vorgaben
Schon lange vor der Entwicklung des Smartphones gab es staatliche Mobilfunk-Vorgaben – da aus physikalischen Gründen die Anzahl nutzbarer Funkfrequenzen limitiert ist. Mittlerweile kommen noch weitere Vorgaben hinzu. Sie spielen eine nicht unerhebliche Rolle bei der Entwicklung neuer Smartphones.
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Gründe und Ausprägungen der Entwicklung
Grundsätzlich steht hinter all diesen Vorgaben der Wunsch nach mehr Verbraucherschutz und mehr Schutz von Klima, Umwelt und Natur, respektive Ressourcen. Derzeit und absehbar zukünftig sprechen wir im Bereich der EU unter anderem von folgenden Zwängen:
1. USB-C: Ab Ende 2024 müssen alle in der EU in Verkehr gebrachten Smartphones eine Buchse nach diesem Standard besitzen. In der Hauptsache soll das die Mengen an weggeworfenen Ladekabeln und -geräten reduzieren. Ferner soll es für darauf basierendes Zubehör einheitliche Standards schaffen und darüber ebenfalls zur Müllvermeidung beitragen.
2. Lebensdauer: Ebenfalls ab Ende 2024 müssen Smartphones durch Hersteller für fünf Jahre mit Funktions- und Sicherheits-Updates versorgt werden. Hardware-Ersatzteile müssen sogar für sieben Jahre verfügbar bleiben.
3. Akkus: Eine ursprüngliche EU-Richtlinie sah vor, dass Akkus ab 2023 grundsätzlich nicht mehr verklebt sein dürfen, sondern sich vom User problemlos austauschen lassen müssen. Zwar wurde die Vorgabe abgemildert, dennoch müssen selbst Hersteller, die sich für einen verklebten Einbau entscheiden, nach 1.000 Ladezyklen mindestens 80 Prozent Restkapazität garantieren.
Vor allem der zweite Punkt läuft den bisherigen Geschäftsmodellen vieler Smartphone-Hersteller zuwider. Denn bis auf Apple gibt es kaum ein Unternehmen, das schon heute seine älteren Modelle noch so umfassend mit Teilen und Updates versorgt.
7. Geänderte Ansprüche an das Design
Handys vor dem Smartphone zeichneten sich durch eine unüberschaubare Vielfalt von Bauweisen und Designsprachen aus. Insbesondere Nokia lancierte zudem viele Modelle, bei denen sich die Oberschalen austauschen ließen. Das Smartphone beendete durch seine Technik über viele Jahre hinweg diesen Pluralismus. Denn es galt die Maßgabe eines möglichst die gesamte Front füllenden Displays – dem hatte sich alles andere unterzuordnen.
Dennoch mussten die Hersteller es schaffen, ihre Geräte designsprachlich voneinander abzugrenzen. Das wiederum sorgte und sorgt für umtriebige Entwicklungsbestrebungen.
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Gründe und Ausprägungen der Entwicklung
Hand aufs Herz: Würde sich nicht irgendwo auf einem Smartphone ein Logo oder der Schriftzug des Herstellers befinden, könnten wohl nur Profis viele Modelle voneinander unterscheiden. Insbesondere wenn die Geräte in Hüllen stecken, wird es nochmals schwieriger.
Über lange Zeit gab es deshalb nur wenige, dafür jedoch wichtige „Design-Stoßrichtungen“:
1. Der notwendige Freiraum ober- und unterhalb des Displays, hauptsächlich für den Einbau von Lautsprecher und Mikrofon sowie Selfie-Kamera, wurde immer kleiner.
2. Die seitlichen Ränder wurden ebenfalls immer schmaler und flossen teilweise sogar in die Schmalseiten hinein. Letzteres machte Smartphones vielfältiger nutzbar, ersteres hingegen vereinfachte die Bedienung trotz größerem Display.
3. Rand und Rückseiten wurden von der Notwendigkeit bestimmt, hier ein sichtbares eigenständiges Design zu haben und ergonomisch zu sein.
Das Problem daran ist vergleichbar mit der Aerodynamik bei Autos: Mit der Zeit nähern sich die meisten Hersteller einander immer stärker an. Seit einigen Jahren sind deshalb Handys unterschiedlicher Modelle und Hersteller optisch extrem einheitlich geworden. Bei allen bedecken die Displays einen Großteil der Front und sind die nötigen Öffnungen für Kamera und Mikrofone/Lautsprecher höchstens noch als Punkte erkennbar.
Für viele Experten ist das einer der wichtigsten Gründe, warum Hersteller zuletzt so viele Milliarden Entwicklungsgelder in klappbare Displays investierten. Ohne diese Technik würde uns ein Handymarkt drohen, der hinsichtlich des Designs bzw. der Formensprache keine wirklichen Impulse mehr gestatten würde – einfach, weil das bisherige Slate-Design weitgehend ausentwickelt ist.
Wohl preist bis heute jeder Hersteller seine neuen Smartphones als optisch eigenständig an. Für viele ist das jedoch primär bloß noch Marketing-Sprache, weil es schlicht am bestehenden Design nicht mehr viel zu variieren gibt außer der Eckigkeit der Kanten.
8. Zusammenfassung und Fazit
Bei vielem, was die Entwicklung neuer Smartphones antreibt, kann man durchaus eine Henne-Ei-Problematik sehen. Werden Displays beispielsweise immer größer, weil die Kunden es wünschen oder weil verbesserte Akkukapazitäten den Dauerbetrieb größerer, hellerer Screens gestatten? Ebenfalls nicht verleugnen lässt sich der Wunsch (und wirtschaftliche Zwang) der Hersteller, ständig neue Geräte zu verkaufen – einmal verkaufte Geräte bescheren schließlich keine weiteren Umsätze. Insgesamt allerdings haben die kurzen Modellzyklen viele Ursachen.
Nicht zuletzt durch die technische Machbarkeit von Falt-Screens dürfte uns jedoch in den kommenden Jahren eine andere Herangehensweise erwarten. Denn weil faltbare Displays nicht nur technisch beherrscht, sondern immer günstiger werden, können die Hersteller sich wieder mehr einfallen lassen – nicht nur in Sachen Design.