Call by Call: Tele2-Experte im Interview
Tariftipp.de: Herr Kiparski, Tele2 hatte sich für den Fortbestand von Call by Call und Preselection besonders stark gemacht. Warum?
Kiparski: Wir von Tele2 sind davon überzeugt, dass Call by Call und Preselection immer noch sehr wichtige Instrumente für viele Kunden sind, um beim Telefonieren Geld zu sparen.
Tele2 ist der größte Preselection-Anbieter und einer der wichtigsten Call-by-Call-Anbieter in Deutschland. Mit unserer Sparvorwahl 01013 haben wir die Markt-Liberalisierung maßgeblich mitgeprägt. Seit 1998 können die Deutschen Sparvorwahlen nutzen. Das war seinerzeit eine revolutionäre Entwicklung, weil man über Call by Call enorm viel Geld beim Telefonieren sparen konnte.
Es gibt heute immer noch rund 20 Millionen Haushalte in Deutschland, die einen Festnetzanschluss bei der Deutschen Telekom haben und deshalb Sparvorwahlen nutzen können – ein erhebliches Potenzial. Oft sind es ältere Menschen, die kein Interesse an Flatrates oder IP-Telefonie haben und Call-by-Call nutzen. Davon gibt es mehr, als wir denken!
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Tariftipp.de: Ihrer Einschätzung nach gilt die Entscheidung der Bundesnetzagentur für die nächsten zwei bis drei Jahre. Wird es Call by Call und Preselection danach auch noch geben?
Kiparski: Ich bin davon überzeugt, dass auch in zwei bis drei Jahren immer noch Millionen von Menschen über Sparvorwahlen telefonieren werden. Darum halte ich es für wichtig, die Regulierung auch über diesen Zeitraum hinaus aufrecht zu erhalten. Es wäre gegenüber den Nutzern von Call by Call und Preselection nicht fair, den Dienst einfach abzuschalten und ihnen die Wahlmöglichkeit zu nehmen. Ich hoffe, dass dies auch die Bundesnetzagentur erkennt.
Tatsächlich ist es aber leider so, dass sich der Fokus in Deutschland stark auf den Breitband-Ausbau richtet. Stichworte wie Glasfaser, Vectoring und LTE dominieren die Diskussion. Dabei gehen schnell die Millionen Endkunden unter, die nur einen Telefonanschluss zum Telefonieren haben und deren einzige Möglichkeit, einen anderen Anbieter zu nutzen, in Call by Call und Preselection besteht. Ich gehe davon aus, dass wir im nächsten Regulierungsverfahren sehr stark bei der Bundesnetzagentur kämpfen müssen, um Call by Call und Preselection darüber hinaus zu sichern.
Tariftipp.de: Die Bundesnetzagentur hat Großkunden im Rahmen von Gesamtverträgen mit einem Jahresnettoumsatz von mehr als 500.000 Euro von ihrem Beschluss ausgenommen. Ist das eine gute Entscheidung?
Kiparski: Nein, gut ist diese Entscheidung nicht. Auch hier erleben wir einen Rückschritt von Regulierung und damit von Wettbewerb. Ab sofort können Großkunden der Telekom beispielsweise nicht mehr die Sparvorwahl von Tele2 wählen, um günstiger zu telefonieren. Natürlich betrifft diese Entscheidung keine Privatkunden und auch nur richtige Großunternehmen. Dennoch bedauern wir sehr den Trend, der hiermit eingeleitet wird.
Tariftipp.de: Schätzungsweise sieben Millionen Menschen in Deutschland nutzen Call by Call. Wie hoch ist dabei der Anteil der Verbindungen, die ins Ausland abgehen? Wie sieht die Entwicklung bei Gesprächen in die deutschen Mobilfunknetze aus?
Kiparski: Leider haben wir keine aktuellen Zahlen, wie hoch der Anteil der Auslandsverbindungen und der Verbindungen zu Mobilfunknetzen an allen Call-by-Call-Minuten ist. Laut einem Gutachten, das Tele2 und drei weitere Call-by-Call-Anbieter 2013 in Auftrag gegeben haben, wurden im Jahr 2011 rund 18 Prozent der Gespräche in die Mobilfunknetze über Call-by-Call geführt. Das entspricht etwa 1,5 Milliarden Minuten. Bei Auslandsverbindungen waren es immerhin 50 Prozent, was etwa drei Milliarden Minuten entspricht.
Tariftipp.de: Tele2 bietet neben Call by Call und Preselection im Festnetz auch eine All-Net-Flat im Mobilfunknetz an, die alle Standard-Telefonate innerhalb Deutschlands abdeckt. Graben Sie sich da nicht selbst das Wasser ab?
Kiparski: Absolut nicht. In der Tat kann man mit der „Tele2 Allnet Flat“ in alle deutschen Netze – egal ob Festnetz oder Mobilfunk – für unter zehn Euro im Monat telefonieren. Doch wir bieten dieses Produkt zusätzlich zu einem Festnetz-Anschluss an.
Wir haben festgestellt, dass auch Kunden, die viel mobil telefonieren wollen, ihren Festnetz-Anschluss zu Hause mit ihrer gewohnten Festnetz-Rufnummer nicht missen wollen. Mobile und feste Anschlüsse sind immer noch Komplementär-Produkte und ersetzen einander in den meisten Fällen nicht. Daher konnten wir bisher auch nicht feststellen, dass durch die Vermarktung von Mobilfunk-Produkten die Call-by-Call-Nutzung zurückgehen würde.
Tariftipp.de: Vielen Dank für das Gespräch, Herr Kiparski!
© Tariftipp.de, 11. August 2014