Call by Call und Preselection: Interview mit Tele2-Experte Dr. Gerd Kiparski
Die nächste Entscheidung der Bundesnetzagentur zu Call by Call und Preselection im Festnetz der Deutschen Telekom steht an. Zudem stellt die Telekom ihr Netz komplett von der analogen auf die IP-Technologie um. Deshalb steht der Fortbestand von Call by Call und Preselection ernsthaft auf der Kippe. Warum Call by Call und Preselection dennoch weiter möglich sein sollten, erläutert Dr. Gerd Kiparski, Leiter Recht und Regulierung bei der Tele2 GmbH, im Interview mit Tariftipp.de.
Tariftipp.de: Herr Kiparski, mit der Umstellung des Telekom-Festnetzes auf die neue IP-Technologie könnte bis zu sechs Millionen Telekom-Kunden mit analogen Festnetzanschlüssen die Kündigung drohen. Das könnte auch auf den Markt für Call by Call und Preselection durchschlagen. Gibt es hier schon eine Einigung zwischen Call-by-Call-Anbietern wie Tele2 und der Telekom?
Kiparski: Eine Kündigung der analogen Anschlüsse fänden wir sehr negativ, denn dies ist mit erheblichem Aufwand für die Kunden verbunden. So dürften gerade viele ältere Menschen damit überfordert sein, sich einen neuen Tarif bei der Telekom oder einem anderen Festnetzanbieter auszusuchen. Auch für Tele2 wäre das von Nachteil, denn wenn auf dem bestehenden Telekom-Anschluss ein Preselection-Angebot von uns aufgebucht ist, würde dieses automatisch wegfallen.
Call by Call und Preselection: Konkurrenz durch WhatsApp und Skype?
Tariftpp.de: Sehen Sie neben der Telekom und anderen Festnetzbetreibern eigentlich auch sogenannte Over-the-Top-Anbieter wie WhatsApp oder Skype als Konkurrenten an? Es ist ja schließlich so, dass die meisten Festnetzkunden der Telekom auch einen DSL-Anschluss gebucht haben.
Kiparski: Nein, wir sehen WhatsApp oder Skype nicht als Konkurrenten an, weil diese Over-the-Top-Anbieter eine ganz andere Klientel bedienen als Call by Call und Preselection. Bei den Nutzern von Call by Call und Preselection handelt es sich vorwiegend um eine ältere Zielgruppe, die lediglich einen normalen Festnetzanschluss der Telekom nutzt und nicht sonderlich technikaffin ist. Die jüngere, technikaffinere Zielgruppe nutzt hingegen WhatsApp oder Skye sehr wohl, dafür aber in der Regel aber auch kein Call by Call und Preselection.
Call by Call und Preselection: Steigen die Preise bei Wegfall?
Tariftipp.de: Nun entscheidet die Bundesnetzagentur, ob Call by Call und Preselection im bisherigen Umfang weiter bestehen sollen oder nicht. Wie würden sich Ihrer Meinung nach die Preise der Telekom und auch anderer Festnetzbetreiber entwickeln, wenn die Konkurrenz von Call by Call und Preselection wegfallen sollte?
Kiparski: Ein von uns beauftragtes Institut hat die Preise der Telekom sowie von Call-by-Call- und Preselection-Anbietern und alternativen Festnetzbetreibern analysiert. Dabei zeigte sich, dass die Telekom zwar höhere Minutenpreise berechnet als bei Call by Call und Preselection, die Preise aber teils deutlich unter denen von anderen Festnetzanbietern wie 1&1 oder Vodafone liegen. Das gilt vor allem für Verbindungen ins Ausland. Diese Analyse zeigt, dass der Wettbewerb im Festnetz der Telekom gerade aufgrund von Call by Call und Preselection funktioniert.
Tariftipp.de: Wäre es dann nicht aus Ihrer Sicht sinnvoll, die Möglichkeit von Call by Call und Preselection auch auf die Festnetze anderer Betreiber auszudehnen? Wären Call by Call und Preselection darüber hinaus nicht auch etwas für den Mobilfunk?
Kiparski: Wenn man sagt, dass Call by Call und Preselection auch Instrumente für den Kundenschutz sind, wäre es sicherlich überlegenswert, diese Dienste auch auf andere Festnetze auszudehnen. Andererseits ist es relativ teuer und aufwändig, sich mit anderen Festnetzanbietern zu verbinden und von diesen Gespräche aufzunehmen. Deshalb würden sich Call by Call und Preselection z.B. für Tele2 nur in den Netzen großer Anbieter wie z.B. 1&1 oder Vodafone lohnen.
Tariftipp.de: Herr Dr. Kiparski, vielen Dank für das Gespräch!